Stell Dir vor du bist der Staat….
29.09.11
Die Rolle der staatlichen Geld-Kontrolle
Die Politik trifft alle Entscheidungen in einen Staat und damit auch die Entscheidung über die Art und Höhe der Steuern. Diese politischen Entscheider stellen daher im traditionellen Sinne die wahrhaft Mächtigen dar. Politik bedeutet regelmässig auch Machtmissbrauch, da die Möglichkeit, sich auf Kosten anderer zu bereichern, für die meisten Menschen einfach eine zu unwiderstehliche Versuchung darstellt.
Stell Dir vor du regierst einen Staat, zum Beispiel eine westeuropäische Nachkriegs-Demokratie. Um Deine Macht zu sichern, brauchst Du Geld, das Dir ermöglicht, Widersacher freundlich zu stimmen und getreue Abhängige um dich zu scharen. Du wirst also eine Steuer auf Grundbesitz und dann auf alle Arten von Einkommen einführen. Als kleinen Trick schürst Du zusätzlich den Neidkomplex und spielst der wichtigen grossen Masse der schlecht Verdienenden soziale Gerechtigkeit vor. Du beschliesst eine saftige Steuer-Progression und immer neue Sozialleistungen für die Armen und Schwachen und sicherst Dir so Deine Wiederwahl.
Natürlich ist Dir klar, dass die Gewöhnung an solche sozialen Umverteilungen es nicht zulässt, Rückschritte im Wohlstandsniveau zu machen. Um im Wettstreit mit Deiner politischen Konkurrenz zu bestehen, musst Du also immer wieder neue Leistungen einführen oder alte verbessern. Die notwendige ständige Erhöhung der Einnahmen wird aber irgendwann an eine natürliche Obergrenze stossen, an der sich Steuererhöhung und Steuerhinterziehung die Waage halten. Ausserdem fängst Du an, das Wachstum mit Deinen hohen Steuern zu ersticken. In dieser Situation gibt es nur noch einen Weg, Dein Einkommen weiter zu erhöhen: Du musst dir das Geld leihen.
Die zunehmende Verschuldung Deines Staates und die fehlende Möglichkeit die Steuern wegen der natürlichen Obergrenze weiter zu erhöhen, bedrohen schnell Deine Machtposition. Um den Weg der immer neuen Sozialversprechen einhalten zu können, musst Du Dir den Zugriff auf die Geldproduktion sichern. Zu Deinem Glück sind Silber oder Gold als Währung längst abgeschafft. Sie würden Dich wegen ihrer hohen Produktionskosten extrem einschränken. Aber mit Papiergeld als Zahlungsmittel kannst Dein Geld sehr sehr billig herstellen. Nicht zu unrecht darfst Du Dich eine wenig wie ein Alchemist fühlen. Immerhin stellst Du etwas Wertvolles aus etwas Wertlosem her.
Doch leider ist das nicht ganz so einfach. Zwar bewirkt das neu gedruckte Geld eine Umverteilung des Wohlstandes zu deinen Gunsten, weil Du es zuerst bekommst und zu den alten niedrigen Preisen ausgeben kannst. Doch führt der Druck von Geld über die Zeit unweigerlich zu Inflation, da nur die Geldmenge aber nicht die Warenmenge steigt. Obwohl Du also grundsätzlich das Wohlstands-Niveau in Deinem Land nicht veränderst, schaffst Du es, Dich und Deine Freunde bereichern und sicherst Dir damit die Fähigkeit, weiterhin politische Versprechen zu erfüllen.
Dem Drucken von neuem Geld sin aber enge Grenzen gesetzt, da eine zu schnelles Nachdrucken Hyperinflation auslösen wird. Deine politischen Gegner würden sich ins Fäustchen lachen und Dich sofort erledigen.
Es wird Dir langsam klar, dass Du den Geldschöpfungsprozess verschleiern musst, um Dich vor den Angriffen Deiner politischen Gegner zu schützen. Du rufst also eine Zentralbank ins Leben. Da diese, ohne vorher Ersparnisse anzuhäufen, Kredite aus dem Nichts erschafft, kann sie Geld zu Zinsen unter Marktniveau an kommerzielle Banken vergeben, die es an ihre Kunden zu höheren Zinsen weiter verleihen. Genialerweise beendest deine so noch Deine Abhängigkeit von den Banken die nun an Dich Zinsen zahlen, statt Du an sie. Du machst die Banken ganz im Gegenteil durch billige Kredite abhängig von Dir und Deiner Zentralbank, da Du den Banken so eine äusserst profitable Grundlage für ihr Geschäftsmodell ermöglichst. Mit der Zeit kannst Du diese Abhängigkeit noch verstärken, indem Du den Banken erlaubst, per Teilreserve-Regelung selber Kredite aus dem Nichts zu schöpfen. So schaffst Du Dir einen verlässlichen und potenten Kollaborateur, der immer dankbar die neuen Schuldverschreibungen Deines Staates abkauft. Damit hast Du eine perfekte Allianz zwischen Deinem Staat und den von Dir abhängigen Banken ins Leben gerufen, ein Kartell, das beiden nützt.
Die Konsequenzen dieses Kartells manifestieren sich zu Deinem Glück erst spät und sehr langsam.
Wie beim direkten Druck von Geld, führt die Zufuhr von Zahlungsmitteln über Kredite, die aus dem Nichts erschaffen wurden, zu einer Inflation, die sich anfänglich aber nur dort manifestiert, wo Kredite zum Kauf Verwendung finden – wie bei Immobilien und Autos sowie allen Anlageformen des Finanzmarktes. Da Du auf dem Finanzmarkt gehandelte Produkte aus den Bereichen Energie und Lebensmittel aus dem Konsumentenpreisindex entfernt hast, wirkt sich der Kreditboom auf diesen lange Zeit nicht preistreibend aus. Erst, wenn Gewinne aus Anlagen in Haus und Börse auch den Normalbürger erfassen und wohlhabender fühlen lässt, wird dieser seinen Konsum steigern und die Konsumentenpreise höher treiben.
Die Banken werden durch den Zugang zu billigem Geld allerdings dazu verführt, Kredite an zu riskante Projekte vergeben, was Kreditausfälle verursacht.
Da Deine Zentralbank in diesem Fall das Geld einfach nachdruckt, stellt das Kreditgeschäft, im Gegensatz zum direkt gedruckten Geld, aber zunächst ein viel geringeres Risiko für Dich dar.
Im Verlauf der Jahre wird die Erlaubnis der Zentralbank und der Geschäftsbanken, Kredite ohne vorherige Ersparnisse aus dem Nichts zu erschaffen, die Kreditvergabe ins Unermessliche ausweiten und unausweichlich zu einer Kredit-Blase führen.
Das verursacht über die Zeit eine enorme Umverteilung des Wohlstandes, weg von denen die ihn in der realen Wirtschaft produzieren, hin zu Dir und den Banken, da Deinem Kartell im Rahmen der sich entwickelnden Kredit-Blase immer mehr Zinserträge zufliessen. Langsam blutet die produktive Kapazität der Wirtschaft aus und für jede Einheit Wachstum brauchst Du immer mehr Einheiten neuen Kredit.
Da in einer so komplexen Geldwirtschaft kaum jemand bemerkt, dass Kredite nicht Erspartes widerspiegeln, sondern aus dem Nichts geschaffen wurden, verursachen die Unternehmer mit ihren (Fehl-)Investitionen einen wirtschaftlichen Boom, der erst endet, wenn die Markteilnehmer merken, dass hinter den Krediten nur Luft steht. Der Boom-Bust-Zyklus ist geboren.
So eine Krise ist kein wirkliches Problem für Dich. Dein System geht nicht gleich in die Knie nach einem Boom und anschliessender Krise, Der Wirtschaftszyklus kann sich etliche Male wiederholen. Du kurbelst die Wirtschaft einfach über eine gesteigerte Kreditvergabe neu an und im Extremfall drückst Du mit einer Null-Zinspolitik mehr Kredite ins System. Was stört es Dich, ob ein Schuldner den Kredit zurückzahlen kann oder nicht. Da Dich die Kredite nichts kosten, kannst Du immer nachlegen und auch Deine Geschäftsbanken retten. Mit einer schönen aufgebauschten Drohung von systemischer Relevanz werden Dir am Ende alle für Deine Rettung von bankrotten Banken dankbar sein. Anstatt als Parasit erkannt zu werden, kannst Du in solchen Momenten der Krise sogar vor Deinem Volk glänzen, indem Du scheinbar die Wirtschaftskrise kurierst.
Was für eine wundervolle Welt in der Du lebst! Doch leider hat Dein System einen kleinen Fehler. Es ist durch den Zinseszins-Effekt von Natur aus exponentiell ausgelegt und also solches nicht nachhaltig. Der Zinseszins-Effekt kann solange kompensiert werden, wie Spielraum für Zinssenkungen besteht. Wenn die Zinsen spontan steigen oder bei Null angelangt sind, fährt es unweigerlich an die Wand. Du wirst an den Pranger gestellt und abgewählt. Das komplizierte System wird aber auch jetzt nicht ganz durchschaut. Deinem Nachfolger stehen mehrere Optionen zur Verfügung. Die eleganteste ist, im Rahmen einer Währungsreform einen grossen Teil de angehäuften Schulden verschwinden zu lassen, am peinlichsten ist der Staatsbankrott. Dazwischen gibt es etliche Übergangsformen. Aber Dein geniales System erhält sich schon irgendwie.